Wissenschaftswelt undenkbar waren. Überrascht waren auch wir, als die Berliner Mauer fiel, weil es im Jahr 1989 schlicht undenkbar war, dass die DDR von der politischen Landkarte verschwinden und ihr die Weltmacht UdSSR zwei Jahre später folgen würde. p align="justify"> Überraschungen entstehen aber auch dann, wenn Unerwartetes eintritt: Ereignisse, die wir zwar für möglich, aber doch nicht für wirklich wahrscheinlich halten. Wie der 9.November 1989 das eigentlich Undenkbare symbolisiert, so steht der 11.September 2001 für das Unerwartete. Vor terroristischen Bedrohungen war gewarnt worden. In dieser Weise erwartet hatte sie niemand. Beide Ereignisse vermitteln jeweils eigene und einfache Lektionen. Die Lektion au s dem Fall der Mauer lautet: Supermächte, die sich allein auf militärische Überlegenheit stützen, werden es auf Dauer schwer haben, ihren Supermachtstatus zu behaupten. Ob die derzeitige amerikanische Administration diese Lektion verstanden hat, mag bezweifelt werden. Und die Lektion aus dem 11. September 2001 lautet: Wir müssen viel grundsätzlicher umdenken, als wir es bislang für möglich gehalten haben. Wenn Undenkbares und Unerwartetes zusammentreffen, entstehen allzu leicht tief greifende Krisen. Außenp olitik steckt mitten in einer solchen Krise. Alle Denkmuster, an die wir gewöhnt sind und mit denen wir internationale Politik beschrieben, erklärt und gemacht haben, stehen auf dem Prüfstand.
Verstehen wir also noch die Welt, in der wir leben? Innerhalb w eniger Monate sind alle gewohnten Bezugspunkte verloren gegangen. Im Kalten Krieg wussten wir genau, was Gut und Böse war, wo in der Welt sich unser Platz befand, woher die Bedrohungen kamen und wer unsere Freunde und Alliierten waren. Feinde hatten Gesichter, Namen und Adressen. Bedrohlich empfanden wir die Welt von gestern schon, aber in den Rahmenbedingungen für unser eigenes Denken dennoch vertraut. Heute erscheint uns diese Zeit trotz ihrer Gefahren und der immer vorhandenen Drohung eines Atomkriegs zwischen Ost und West als geradezu märchenhaft verlässlich.meisten Leser werden wohl ohne zu zögern zustimmen, dass das Doppelereignis des 9. November 1989 und des 11. September 2001 - Eleven-Nine und Nine-Eleven, wie die Amerikaner sagen - eine Zeitenwende markiert. Aber vielleicht ist diese Wahrnehmung ungenau: Die Zeitenwende liegt nicht hinter, sie liegt noch vor uns! Sie wird zwar begleitet von einschneidenden, die Aufmerksamkeit absorbierenden Einzelereignissen, aber sie verläuft schleichend und eben deshalb wirkungsmächtiger, als die hektische tägliche Medienberichterstattung es suggeriert. Und sie fragt nicht nach der alten Logik von Machtpolitik, sondern nach den neuen Logiken von Globalisieru...